Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
heute am Volkstrauertag gedenken wir den toten beider Weltkriege und den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Fast jede Familie unserer Gemeinde hat durch den Krieg Verwandte und Freunde verloren. Familien wurden auseinander gerissen oder ganz ausgelöscht. Viele verloren ihr Leben oft tausende von Kilometern von zu Hause entfernt; in mörderischen schlachten, verhungerten oder erfroren in den Weiten Russlands. Andere starben hier durch Bomben oder Minen oder wurden wie unsere jüdischen Mitbürger in Konzentrationslagern vergast. Die Namen unserer im Krieg gefallenen Mitbürger haben im Vorraum unserer Kirche einen würdigen Gedenkplatz erhalten. 28 Soldaten sind aus unserer Gemeinde im ersten Weltkrieg gefallen.
Die Gedenktafeln für den 2. Weltkrieg verzeichnen 82 Namen, darunter auch viele zivile Opfer. Auf dem jüdischen Friedhof erinnert eine Gedenktafel an die durch die Naziherrschaft ermordeten und vertriebenen Mitbürger der Synagogengemeinde Zell.
Im 2. Weltkrieg starben 55 Mio. Menschen, darunter 25 Mio Zivilisten. In jeder Stunde des 6jährigen Krieges verloren 1045 Menschen ihr Leben. 2 Einzelfälle zeigen, welche Schicksale sich hinter den Millionen Opferzahlen verbergen.
Das Mädchen „Lizzy“ wurde 1932 in Köln geboren und litt am Down – Syndrom, früher als Mongolismus bezeichnet. Lizzy war ein stilles Kind, lachte viel, machte gern Handarbeiten und war in ihre alteingesessene Kölner Handwerkerfamilie voll integriert. 1942 wurde Lizzy gegen den Willen der Mutter in das Kinderkrankenhaus Waldniel eingeliefert und 1943 mit tausenden anderer kranker in der NS – Tötungsanstalt Grafeneck ermordet. (s. Susanne Abel: „was ich nie gesagt habe“, Nachwort)
Nach dem Euthanasie – erlass Hitlers vom 1. September 1939 galt Lizzy als nicht abrichtsfähig.
Der 8jährige Hans Abraham Ochs, Kind jüdischer Eltern, wohnte in Köln, Trajanstr. 41. Ein Stolperstein erinnert heute an ihn. Er wurde 1939 vor seinem Haus von Hitlerjungen totgeprügelt. So kann sich Hass – und Hetz – Propaganda auf Jugendliche auswirken.
Seit 1945 hatten wir Frieden in Europa. Nach dem Ende des kalten Krieges und der weltweiten Verflechtung der Wirtschaftssysteme war für uns ein globaler Krieg in Europa nicht mehr vorstellbar. Am 24. Februar 2022 hat die russische Föderation die Ukraine auf Befehl Putins angegriffen. Seitdem hat die russische Armee unvorstellbare Kriegsverbrechen durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg begangen. Massengräber in Butscha, Isjum und anderen Orten belegen Folterungen an Soldaten und Zivilisten. Bis 10.11.2022 sind 437 ukrainische Kinder u.a. durch iranische Kamikaze – Drohnen umgekommen (NTV).
Nachdem sich der militärische Erfolg Russlands trotz vieler Erwartungen nicht eingestellt hat, droht der Kriegsverbrecher Putin nunmehr an, Atomwaffen einzusetzen. „Ich bluffe nicht“, sagt Putin. Ist es wirklich vorstellbar, dass sich die Geschichte der Weltkriege wiederholt?
Die Worte des 1. Bundespräsidenten Theodor Heuß aus den 50. Jahren haben angesichts des Ukrainekrieges eine beklemmende Realität: „Wenn wir in der Stille an den Soldatengräbern stehen, vernehmen wir ihre Stimmen:
“Sorgt ihr, die ihr noch am Leben steht, dass Friede bleibe, Frieden zwischen den Menschen, Frieden zwischen den Völkern!“
Frieden zum Nulltarif wird es nicht geben. Kämpfen wir gemeinsam mit der Ukraine für Frieden, Freiheit, Menschenrechte und Demokratie!
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